French Open: Ofner stoppt auch Aufschlagriese Cressy, Rodionov ausgeschieden
Das bislang so starke Jahr von Sebastian Ofner setzt sich nun auch beim Höhepunkt der Sandplatzsaison, den French Open in Paris, weiter fort. Bei seinem erst dritten Antreten im Hauptbewerb eines Grand-Slam-Events hat der 27-Jährige zum nunmehr zweiten Mal nach Wimbledon 2017, wo er letztlich sogar in die dritte Runde gestürmt war, die zweite Hauptrunde erreicht. Der steirische Qualifikant (ATP 118) eliminierte am Pfingstsonntag zu Mittag den in Paris geborenen US-Aufschlagriesen Maxime Cressy (ATP 44) nach 2:19 Stunden Spielzeit mit 6:4, 7:6 (6), 6:2. Um wie vor knapp sechs Jahren in Wimbledon zum zweiten Mal unter die letzten 32 einzuziehen, bräuchte es (voraussichtlich am Mittwoch) einen Sieg über einen weiteren Amerikaner, dem auf 24 gesetzten Sebastian Korda (ATP 30), der das US-Duell mit Mackenzie McDonald (ATP 59) mit 6:4, 7:5, 6:4 gewann. Später an diesem ersten Hauptbewerbs-Spieltag war auch Jurij Rodionov im Erstrundeneinsatz – allerdings ohne einen Erfolg. Der niederösterreichische Lucky Loser (ATP 134) unterlag so wie im Qualifikationsfinale, das er mit 6:1, 5:7, 0:6 verloren hatte, dem französischen Ex-Top-Ten-Mann Lucas Pouille (ATP 675), der nach einigen Verletzungen und mentalen Problemen um ein erhofftes Comeback in der Weltspitze kämpft. Das relativ eindeutige Ergebnis im Rematch: 2:6, 4:6, 3:6.
Ofner mit herausragender Returnleistung
Im Gegensatz zu Rodionov hatte Ofner alle drei Matches in der Vorausscheidung positiv abgeschlossen. Jetzt legte er gegenüber diesem sowie Dominic Thiem (ATP 92), der erst am Montag gegen den Argentinier Pedro Cachin (ATP 64) ins Geschehen eingreifen wird, auch im 128er-Hauptraster vor. Behilflich war dabei freilich, dass nicht wie im Vorjahr – als sich Ofner ebenfalls zuerst qualifiziert hatte – gleich zu Beginn ein Weltklassespieler vom Kaliber eines Alexander Zverev wartete, sondern mit Cressy eine unangenehme und dennoch lösbare Aufgabe, denn Sand stellt freilich das am wenigsten geliebte Geläuf für den US-Aufschlagriesen dar. Diesem wurde Ofner in erster Linie durch eine fantastische Returnleistung Herr, die den konsequent Serve-and-Volley spielenden Cressy auch dazu zwang, mehr Risiko beim zweiten Aufschlag zu nehmen – was letztlich in genauso vielen Doppelfehlern wie auch Assen resultierte, jeweils 13. So gelangen dem ÖTV-Ass gesamt fünf Breaks in der Partie, was eine noch durchaus ausbaufähige eigene Serviceleistung (52 Prozent erste Aufschläge im Feld, zwölf Doppelfehler bei acht Assen) verschmerzen ließ. Mit 22 Stück wusste er die Eigenfehlerquote sonst niedrig zu halten, und das bei 45 Winnern – nicht wenige davon in Form von teils spektakulären Returns.
Ofner startete gut in die Partie, nahm Cressy im dritten Game rasch zum ersten Mal den Aufschlag ab und musste nur noch bei 4:3 zwei Breakbälle abwehren. Richtungsweisend wurde der überaus turbulente zweite Satz: Der St. Mareiner musste ein Break im ersten Game postwendend wieder abgeben und vergab in der weiteren Folge insgesamt sieben Breakchancen im siebten und neunten Spiel. Dazwischen musste er bei 3:3 selbst deren zwei zunichtemachen. Zum 6:5 glückte Ofner, unter leichter Mithilfe von Cressy mit zwei Doppelfehlern, dann das vermeintlich vorentscheidende Break, doch dank ebenfalls zwei Doppelfehlern musste schließlich ein Tiebreak entscheiden. Als sich Ofner dort nach 4:0-Führung bei 4:5 wiedersah, drohte ein Satz der vergebenen Chancen noch in die falsche Richtung abzubiegen. Der Schützling von Wolfgang Thiem, vor Ort jedoch durch Touring Coach Stefan Rettl betreut, behielt allerdings die Nerven, gewann beide Servicepunkte und verwertete letztlich seinen zweiten Satzball. Damit war der Widerstand von Cressy weitgehend gebrochen: Ofner startete in den dritten Satz bärenstark mit 12:2 Punkten und 3:0 in Games, sah sich bei 3:1 nochmal mit einem Breakball konfrontiert, hielt aber seinen Aufschlag und legte am Ende noch das Doppelbreak zum Sieg drauf.
Gefasst geblieben – und jetzt die Top 100 im Visier
Beim zweiten Versuch im Pariser Hauptbewerb nun erstmals eine Runde überstanden zu haben, das klinge „sehr gut“, freute sich Ofner im Interview mit Servus TV nach seinem Auftaktsieg. „Voriges Jahr habe ich mich hier erstmals qualifiziert, heuer habe ich eine Runde gewonnen. Das fühlt sich schon sehr gut an.“ Leicht von der Hand sei es ihm aber speziell im zweiten Durchgang nicht gegangen: „Ich habe schon ein bisschen mit meinen Nerven zu kämpfen gehabt beim Ausservieren und im Tiebreak im zweiten Satz. Aber ich schaue seit eineinhalb Jahren, dass ich auf dem Platz ruhig bin, immer gefasst bin, mich nicht zu sehr mit mir selbst beschäftige. Das war früher immer ein Problem“, doch damit tue er sich selbst nicht gut. Der zweite Satz hätte hierbei reichlich Gelegenheit geboten, um die Contenance zu verlieren, „aber ich bin heute trotz dieses zweiten Satzes gefasst geblieben und habe immer versucht, den nächsten Punkt zu gewinnen.“ Seiner nächsten Aufgabe blickte er gelassen entgegen: „Die spielen beide (McDonald und Korda, die beide zu diesem Zeitpunkt noch als Gegner in Frage gekommen wären; Anmerkung) sehr gut – aber ich auch. Ich versuche einfach, mein Spiel zu spielen, nicht irgendwie darüber, und dann schauen wir, was herauskommt.“ Heraus kommt jedenfalls schon mal ein weiteres Punkteplus: 70 ATP-Zähler sind Ofner bereits sicher, er wird sein derzeitiges Career High in der Weltrangliste also weiter verbessern. Im Liveranking nahm er Sonntagnachmittag Platz 108 ein, ein weiterer Sieg könnte ihn erstmals unter die Top 100 bringen.
Pouille verdirbt Rodionov mit starker Vorstellung die Revanche
Weit weniger erfreulich verlief der Tag für Rodionov, dem eine erhoffte Revanche gegen Pouille deutlich misslang. Im Gegensatz zum Aufeinandertreffen in der Qualifikation war ihm diesmal auch kein Satzgewinn beschieden. Der Matzener konnte auch keinen seiner insgesamt sechs Breakbälle in der Partie verwerten, zwei davon gleich im ersten Game. Ein Break dort hätte womöglich einen ganz anderen Spielverlauf hervorbringen können, so lief der erste Satz durch Aufschlagverluste zum 1:3 und 2:6 dann rasch in die andere Richtung. Im zweiten Durchgang wehrte Rodionov bei 2:3 drei Breakchancen ab, ließ im nächsten Game selbst zwei weitere aus, ehe ein Serviceverlust zu null im zehnten Spiel den 0:2-Satzrückstand bedeutete. Im dritten Abschnitt musste er nach einem Gameball sogleich wieder seinen Aufschlag zum 0:2 abgeben, nach noch einmal zwei ungenützten Rebreakchancen boten sich ihm bis zum Schluss keine mehr. Zu konstant, druckvoll und stark agierte Pouille freilich an diesem Tag, mitsamt den einheimischen Fans im Rücken. Rodionov blieb so im Gegensatz zu Ofner ein zweiter Zweitrundeneinzug bei einem Grand Slam nach den French Open 2020 (seine bis eben einzige Hauptfeldteilnahme) verwehrt. „Beim ersten Match hat das Publikum eine große Rolle gespielt. Heute hat es mich gar nicht gestört, da ich wusste, was kommen wird“, suchte der 24-Jährige keine Ausreden. „Ich bin einfach gar nicht ins Spiel reingekommen und habe einen sehr schlechten Tag erwischt. Mit so einem Niveau brauche ich nicht bei einem Grand Slam auftauchen“, gab er sich gegenüber der „APA – Austria Presse Agentur“ selbstkritisch.
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